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Westdeutsche Zeitung: Meine Einschätzung zu Diem (vorher Libra)

Die europäische Payment- und Bankenkultur hängt der Welt total hinterher. Wir sind hier auf dem Stand von vor dreißig Jahren. Wir müssen aufschließen zu den USA, China oder Indien.

Menschen wollen unkompliziert bezahlen. Immer mehr passiert online, es muss also online auch leicht möglich sein. Vor zehn Jahren gab es die technischen Möglichkeiten nicht, jetzt gibt es sie. Und wenn sie angeboten werden, werden sie weltweit genutzt.

Für uns ist die Frage: Wie und mit wem springen wir auf den Zug auf? Doch wohl nicht mit Privatunternehmen, die fast alle nicht mal in Europa sitzen. Wenn wir jetzt nichts säen, dann bekommen wir auch keine neuen Bäume. Und dann werden die anderen auf den Plantagen sitzen.

 

Lesen Sie hier den gesamten Beitrag (Klick auf das Bild unten) oder hier im Text.

 

Text aus der Westdeutschen Zeitung, 03.12.2020

„Zuckerberg darf nicht Zentralbank werden“


Wie der Europaabgeordnete Stefan Berger aus Schwalmtal im EU-Parlament für eine Reglementierung von Kryptowährungen wie Diem kämpft.



Herr Berger, hat Facebook bei Ihnen schon angeklopft?

Berger: Vom Bankenverband über den Start-up-Unternehmer-Verband bis hin bis Facebook wollen gerade alle mit mir als Berichterstatter Termine vereinbaren. Das kommt wenig überraschend.
Kryptogeld, Kryptowährung, Stablecoins, Diem (bis vergangenen Dienstag noch Libra genannt). Herr Berger, Sie kommen aus dem NRW-Landtag nach Europa und beschäftigen sich jetzt in erster Linie mit imaginärem Geld.

Was ist das eigentlich alles?

Berger: Es gibt zwei Arten: Bitcoins und Stablecoins. Die Bitcoins sind die normalen Werte, die werden durch Mining erarbeitet, soll heißen: Die Auszahlung der jeweiligen Bitcoin-Anteile richtet sich nach der zur Verfügung gestellten Rechenkapazität. Die Errechnung wird immer komplizierter, deswegen werden Bitcoins auch immer mehr wert.

Und damit können Sie bezahlen?

Berger: Ja. Tesla zum Beispiel hat in seiner neuen Fabrik einen Automaten aufgestellt. Ich kann mit meinem Smartphone einen Bitcoin ziehen und dann auch damit bezahlen. Der Bitcoin hat im Moment eine kleine Marktkapitalisierung von etwa 200 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Die Umlaufsumme des Euro beträgt derzeit rund 13 Billionen. Trotzdem muss man diese Bitcoin-Plattformen regeln. Wo kann man sie kaufen? Wie ist die Sicherheit der Verbraucher geregelt? Wenn man gehackt wird, kann das Ding weg sein.

Und dafür gibt es bis dato keine Regelungen?

Berger: Wir wollen einheitliche Regeln in Europa, damit in Europa diese Kryptowerte vernünftig verwaltet werden, also dann auch die Stablecoins. Sie sind vergleichbar mit einer Biermarke im Festzelt, die Sie eintauschen und dann in diesem Zelt als Zahlungsmittel nutzen. Die bekannteste geplante und noch nicht existierende Stablecoin ist Diem von Facebook. Facebook hat dafür ein Konsortium in der Schweiz gegründet. Diem ist auf Blockchain-Basis gemacht. Die werden herausgegeben, man kann sein Geld gegen Diem tauschen und mit Diem im Facebook-Netzwerk bezahlen.

Sie leiten daraus eine Gefahr ab?

Berger: Jetzt stellen wir uns mal vor, das Facebook-Netzwerk hat drei Milliarden User. Jetzt tauscht jeder von denen 1000 Euro um. Dann sitzt Facebook schon mal auf drei Billionen Euro. Facebook hat das Geld, und wir haben sozusagen die Biermarke. Facebook wird mit Rabatten im eigenen Netzwerk spielen, kann Kaufverhalten analysieren, hat die Daten. Auch wenn die angeblich sicher sind, sind sie nachvollziehbar. Sie sind in deren Universum. Und Facebook wird auf einer gewaltigen Reserve sitzen. Wenn die abstrus hoch ist, hat das Unternehmen eine zentralbankähnliche Funktion und wird quasi zum Monopolisten. Hier in Brüssel sind zum Beispiel Uber-Taxis sehr verbreitet. Uber gehört zur Diem Association. Bei Uber bezahlt man dann künftig mit Diem. Und schon ist es passiert. Es wäre nicht das erste Mal, dass eine Ersatzwährung eine andere abgelöst hat.

Welches Ziel der EU leiten Sie daraus ab?

Berger: Um es mal auf den Punkt zu bringen: Mark Zuckerberg darf nicht zur Zentralbank werden.

Also gilt es, diese Stablecoins zu verhindern?

Berger: Das werden wir nicht können. In China gibt es die bereits, etwa bei Alibaba, der größten IT-Firmengruppe Asiens. Die Leute wollen dieses einfache Bezahlen, also wird es sich auch durchsetzen. Die europäische Payment- und Bankenkultur hängt der Welt total hinterher. Wir sind hier auf dem Stand von vor dreißig Jahren. Wir müssen aufschließen zu den USA, China oder Indien. Das darf aber eben nicht über eine einzige private Firma geschehen. Wir wollen, dass auch viele andere Unternehmen Stablecoins editieren dürfen

Was also tun?

Berger: Es braucht einen E-Euro der Europäischen Zentralbank. Den will sie aber noch nicht, weil sie Blockchain-Geld als Zentralbankgeld nicht will.

Das heißt?

Berger: Der Euro unterliegt ja einem zweistufigen Bankensystem: Sie erhalten Ihr Geld ja nicht von der Zentralbank, sondern von einer Bank. Die Bank selbst betreibt wieder Kreditschöpfung. Würde jetzt ein E-Euro ausgegeben, hätten Sie sofort echtes Zentralbankgeld – und die Banken wären raus. In dieser Gemengelage müssen wir eine Regulierung hinbekommen, die eine Modernisierung Europas erreicht, die uns als weltweiten Mitspieler einwechselt. Und die zugleich verhindert, dass Private politisch relevant werden, weil sie über wahnsinnige Summen verfügen.

Was ist die ideale Lösung?

Berger: Die Europäische Zentralbank plant eine Entscheidung Mitte nächsten Jahres, ob es einen digitalen Euro geben wird. Ich würde das begrüßen. Wenn der digitale Euro nicht kommt, dann wird es schwierig. Dann brauchen wir die Regulierung umso dringender.

Wer kann am Ende diese Stablecoins anbieten?

Berger: Die Voraussetzungen werden sehr hoch sein. Die Frage wird sein: Was passiert mit dem eingetauschten Geld? Geld gehört in die Hände von öffentlichen Institutionen oder aber in die Hände von öffentlich regulierten Institutionen. Wir wollen keinen wilden Westen.

Ist das Mehrheitsmeinung in der EU?

Berger: Ja. Die Kommission wird ihren Vorschlag auf den Tisch legen, dann geht es um die Details. Jeder sieht, dass wir die Veränderungen auf der Welt in der EU beantworten müssen. Wenn wir es nicht machen, kaufen die Leute irgendwann alle bei Alibaba. Schon Amazon hat ja zu riesigen Verwerfungen geführt. Zum Beispiel könnte die Otto-Gruppe auch mal so einen Stablecoin rausgeben. Viele Entwicklungen können wir uns heute noch gar nicht vorstellen. Wir reden hier über die Frage der digitalen Souveränität der EU. Bisher können wir nicht handeln: Meine Sparkasse bietet keinen Bitcoin an, hat keinen E-Euro, keinen Diem-Ersatz, sondern nur ein Konto, auf dem ich kompliziert überweisen muss. Da müssen wir raus, das ist jetzt auch meine Aufgabe.

Brauchen wir das alles wirklich?

Berger: Menschen wollen unkompliziert bezahlen. Immer mehr passiert online, es muss also online auch leicht möglich sein. Vor zehn Jahren gab es die technischen Möglichkeiten nicht, jetzt gibt es sie. Und wenn sie angeboten werden, werden sie weltweit genutzt. Für uns ist die Frage: Wie und mit wem springen wir auf den Zug auf? Doch wohl nicht mit Privatunternehmen, die fast alle nicht mal in Europa sitzen. Wenn wir jetzt nichts säen, dann bekommen wir auch keine neuen Bäume. Und dann werden die anderen auf den Plantagen sitzen.

Wie sieht Ihre zeitliche Prognose aus? Wann wird Bargeld abgelöst?

Berger: Ich hoffe, dass Bargeld immer bleibt, weil es auch ein Stück Freiheit ist. Bitcoin sind schon jetzt wichtiges Zahlungsmittel, aber ich glaube nicht, dass sie größer werden, weil ihnen auch der Wert fehlt. Dafür gibt es nicht genug. Aber diese Stablecoins werden größer: Alle Communities werden versuchen, ihre eigene Marke herauszugeben. Und das wollen wir für Europa regulieren. Den ersten Parlamentsbericht wird Anfang des nächsten Jahres von mir vorgelegt. Im Juni wird er abgeschlossen sein, dann geht es in den Trilog mit dem Ministerrat und der Kommission. Mitte 2021 werden wir diese Regulierung haben.

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